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Geldanlagen Bloß keine Lebensversicherung

11.01.2011 ·  Lausige Zinsen und hohe Kosten machen die Lebensversicherung unattraktiv. Die Rendite der Policen hat sich seit 2000 fast halbiert. Und dieses Jahr wird es für Neuverträge noch viel schlimmer.

Von Nadine Oberhuber
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Normalerweise funktionieren Versicherungen nach dem Gesetz der großen Zahlen. Die Lebensversicherung aber läuft seit Jahren eher nach dem Gesetz der kleinen Zahlen. Die Zinsen, die Versicherer ihren Kunden gutschreiben, sinken. Jedes Mal nur ein kleines Stückchen. Aber so sind die Auszahlungen immer kleiner geworden. Nun diskutiert das Bundesfinanzministerium, vielleicht schon im Juli 2011 den Garantiezins für neue Lebensversicherungsverträge abermals abzusenken. Ursprünglich war das erst für Januar 2012 geplant.

Im Moment liegt die Mindestverzinsung bei 2,25 Prozent. Spätestens 2012 soll sie nur noch 2,0 oder 1,75 Prozent betragen. Das bedeutet: Der Teil der Beiträge, der auf dem Kundenkonto landet – nach Abzug aller Kosten sind das rund 80 Prozent – muss sich bei Vertragsende mindestens mit diesem Zinssatz vermehrt haben. Die Absenkung betrifft nur künftige Verträge. Alle Versicherungen, die bereits laufen, behalten den Garantiezins, der jeweils bei Vertragsschluss aktuell war. Für sie ändert sich also zunächst nichts.

Ausgleich durch Überschüsse

Zudem heißen die sinkenden Garantiezinsen nicht, dass Neuverträge künftig nur noch mit dem winzigen Zins vergütet werden. Denn zum Mindestzins kommen jedes Jahr noch die laufende Überschussbeteiligung sowie der Schlussüberschuss, der ganz am Ende des Vertrages ermittelt wird. Bisher lag die laufende Überschussbeteiligung im Marktdurchschnitt bei knapp über 4 Prozent, egal, ob im Vertrag ein Garantiezins von 4 Prozent oder 2,25 Prozent angegeben war. Das heißt: Die Versicherer haben die gesetzlich sinkenden Garantiezinsen durch entsprechend höhere jährliche Überschüsse ausgeglichen, so dass diese bei den Kunden bisher nicht völlig ankamen.

Doch auch die laufende Verzinsung ist über die Jahre gesunken, wenn auch in kleinen Schritten. 2010 waren es 4,2 Prozent. 2011, so gaben etliche Unternehmen kurz vor Jahreswechsel bekannt, werden es noch rund 4,1 Prozent sein. Über die Jahre summiert sich auch dies ganz ordentlich.

4-Prozent-Marke wackelt

Gerade in der Krise bemühten sich die Versicherer zwar, die Verzinsung nicht zu plötzlich zu stutzen, um Stabilität zu beweisen. Aber seit 2000 hat sich die Rendite der Policen fast halbiert. Damals gab es noch mehr als sieben Prozent. Sieben Prozent, das kann sich heute keiner mehr vorstellen. Inzwischen diskutieren Branchenvertreter sogar, ob sich bis 2013 überhaupt die 4-Prozent-Marke halten lässt. Denn im Grunde, so fürchtet die Aufsichtsbehörde Bafin, sind die verbliebenen 4,1 Prozent für etliche Versicherer zu viel auf Dauer. Sie könnten das angesichts niedriger Zinsen womöglich gar nicht erwirtschaften.

Nun leben die Kapitalmärkte schon seit Monaten wieder auf, die Aktienkurse steigen, die Zinsen bei vielen Anleihen und gewagteren Staatsanleihen ebenso. Otto Normalanleger konnten 2010 also satte Gewinne einfahren. Konnten Versicherer das nicht? Wohl kaum. Denn ganz einfach ist das Anlegen für Versicherer nicht. Aktien halten sie fast nicht mehr, die machen nur rund acht Prozent ihres Gesamtdepots aus. Das ist die Folge aus dem Aktiencrash von 2000/2001, der viel Kapital bei den Versicherungen vernichtete. Damals waren ihre Aktienquoten zweistellig. Am schlimmsten traf es die Mannheimer Leben, die noch während des Abwärtstrends für 200 Millionen Euro Aktien und Fonds kaufte und später abgewickelt werden musste.

„Faktisch null Prozent“

Aus Angst vor neuerlichen Versichererpleiten macht die Aufsichtsbehörde seitdem strengere Vorgaben. So blieben die Versicherer 2008 vom großen Abschwung an den Börsen verschont, aber auch vom neuen Höhenflug. Letzteres mag man bedauern. Ersteres hat die deutschen Versicherer aber vermutlich gerettet.

Nun aber haben die Versicherer wieder ein Problem: Sie haben rund 70 Prozent der Kundengelder in festverzinsliche Papiere investiert. Davon etwa ein Drittel in Staatsanleihen bester Bonität (die nur mickrig verzinst sind), ein Drittel in Pfandbriefe und ein Drittel in Unternehmensanleihen. Nun sind zwar die Renditen einiger Staatsanleihen wie die von Griechenland, Irland und Portugal in die Höhe geschossen. Aber in diese dürfen Versicherer nur einen winzigen Teil des Geldes stecken, weil sie zu unsicher sind. So beziffert Anlagechef Andreas Gruber von der Allianz Leben den Anteil an PIGS-Anleihen im Allianz-Portfolio auf „faktisch null Prozent“.

Mehr Reserven durch neue Eigenkapitalregeln

Zwar haben einige Finanzvorstände sich verhalten gefreut, dass 2010 ein besseres Anlagejahr war als befürchtet. Mit Schwellenländer- und Firmenanleihen sowie Immobilien ließ sich Geld machen. Die Nettoverzinsung, die das Kundenkapital abwarf, dürfte über 4 Prozent gelegen haben. Die besten Versicherer kamen schon 2009 auf mehr als 5 Prozent. Da wundert es, dass trotzdem das Gros der Unternehmen bereits angekündigt hat, die Gutschriften an die Kunden zu senken. Wenige ließen die Zinssätze unverändert und nur eine einzige Versicherung (die Inter Lebensversicherung) hob sie an, die allerdings noch immer unterdurchschnittlich ausschüttet.

Wenn Versicherer wieder mehr verdienen, wieso haben die Kunden nichts davon? Weil noch etwas ganz anders droht: Die neuen Eigenkapitalregeln, die ab 2012 gelten. Noch ist gesetzlich nicht festgelegt, mit welchen Summen Versicherer dann gewagte Investments hinterlegen müssen. Aber sie werden mehr Reserven bereithalten müssen.

Fusionen zur Konsolidierung

Zudem hat die BaFin sie gerade verdonnert, ihre Rücklagen zu erhöhen, um die Zinsversprechen an die Altkunden zu sichern. Je mehr Reserven sie bereithalten müssen, desto weniger Geld bleibt den Versicherern aber zum Geldverdienen. Mit den strengeren Vorgaben will die Aufsicht verhindern, dass sich die Versicherer übernehmen, wie etwa in Japan. Dort kollabierten in der Niedrigzinsphase der 90er Jahre mehrere Versicherer.

Hierzulande könnte sich der Markt durch Fusionen konsolidieren. Es gibt über 100 Anbieter. Einige kleinere werden sich wohl zusammenschließen müssen. Das viele billige Geld, dass die Zentralbanken zur Staatenrettung auf den Markt geworfen haben – die Lebensversicherung und ihre Kunden rettet es nicht gerade.

Was tun mit der Lebensversicherung?

1. Behalten? Die sinkenden Garantiezinsen betreffen nur Neuverträge, viele ältere Verträge haben noch 4 Prozent. Zudem bringt es immer Verlust, eine Lebensversicherung vorzeitig zu kündigen.


2. Verkaufen? Bisher war der Zweitmarkt eine Alternative. Aufkäufer von Policen zahlten deutlich mehr, als Versicherungsunternehmen für gekündigte Verträge erstatteten. Doch seit 2009 ist der Zweitmarkt nahezu ausgetrocknet. Hier wird nur noch wenig gehandelt.


3. Neu abschließen? Schon beim aktuellen Garantiezins von 2,25 Prozent sind Lebens- und Rentenversicherungen nicht sonderlich attraktiv. Zwar beträgt die Überschussbeteiligung noch 4 Prozent, aber sie kann gestutzt werden. Wer sich trotzdem eine Police zulegen will, sollte das vor Juli tun.

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